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Gehaltskarotte und Markendrehbuch: Employer Branding so wichtig wie noch nie

Intensiver Austausch mit Markenregisseur und Axtesys-Partner Martin Aichholzer ĂŒber Employer Branding: Warum es viel mehr ist als ein Stand auf einer Jobmesse, warum es immer wichtiger wird und welche Bedeutung die Gehaltskarotte hat. Über AuthentizitĂ€t, Werte und WertschĂ€tzung fĂŒr jene AktivitĂ€ten, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht nur ausfĂŒllen, sondern auch erfĂŒllen sollen.

Employer Branding: Ein wichtiges Teilgebiet des Marketing. Dein Zugang zu Employer Branding?
Ich mache jetzt schon seit 16 Jahren Markenentwicklung. Prinzipiell ist es ja so, dass die Marke, die ein Unternehmen aufbaut, in zwei Hauptrichtungen strahlt: Einerseits zu den Kunden, andererseits zu den (potenziellen) Mitarbeitern.
Seit einigen Jahren habe ich immer mehr Projekte, in denen die Mitarbeiter im Vordergrund stehen, wo es darum geht, dafĂŒr zu sorgen, dass die Mitarbeiter begeistert sind. Auf dieser Ebene werden die Kunden des Unternehmens nur peripher mitgedacht.

Schwerpunktverschiebung hin zum Employer Branding: Warum? Gilt das fĂŒr alle Branchen? Ist das ein globales PhĂ€nomen?
Nicht nur die Software-Branche muss ĂŒber Employer Branding nachdenken. GrundsĂ€tzlich sind die sogenannten MINT-FĂ€cher vom massiven FachkrĂ€ftemangel betroffen, also Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik. Daneben aber auch in sehr hohem Maße die Sparten Tourismus und Handwerk.
Die Ursachen fĂŒr den FachkrĂ€ftemangel liegen in technologischen Entwicklungen, die in sehr vielen Bereichen und Berufen massive VerĂ€nderungen gebracht haben – Stichwort Digitalisierung der Wirtschaft. Zum anderen hat es wohl auch damit zu tun, dass Europa mit einem massiven demografischen Wandel konfrontiert ist – und auch mit einem Wertewandel. Alle diese VerĂ€nderungen fĂŒhren dazu, dass man sich heute auf anderer Ebene mit Mitarbeitern beschĂ€ftigt – und beschĂ€ftigen muss, denn sonst hat man ein Problem. Die Mitarbeiter selbst sind mehr denn je ein kritischer Erfolgsfaktor in Unternehmen.

Du hast davon gesprochen, dass eine Unternehmensmarke in zwei Richtungen strahlt, zu den Kunden und zu den Mitarbeitern. Ich stelle es mir schwierig vor, dass sie beide Seiten optimal bedient?
Es sind gewissermaßen zwei Seiten einer Medaille. Man definiert die Seite fĂŒr die Kunden und die Seite fĂŒr die Mitarbeiter. Beide schauen in eine andere Richtung und haben eine andere Kernbotschaft. Sie sind miteinander verwandt, fußen auf denselben Werten bzw. derselben Vision, haben aber im Detail eine unterschiedliche AusprĂ€gung.
Man möchte letztendlich bei der Markenentwicklung ein ganz bestimmtes – authentisches – GefĂŒhl im Unterbewusstsein bestimmter Personengruppen erzeugen. Menschen sind emotional-soziale Lebewesen, keine „logischen“ Lebewesen. Das können wir mittlerweile ziemlich gut nachweisen, dass wir Menschen zu Logik gar nicht imstande sind.

Was sagst du zu Unternehmen, die auf absolute Gewinnmaximierung bis zum letzten Cent aus sind und teilweise unmenschliche GeschĂ€ftsmodelle verfolgen und andererseits fĂŒr ihre Mitarbeiter die heile Welt spielen wollen?
Das wird auf Dauer nicht funktionieren. Ein Unternehmer, der seinen unternehmerischen Erfolg ausschließlich an Umsatz und Gewinn misst, darf sich nicht wundern, wenn seine Mitarbeiter ausschließlich aufs Gehalt schauen. In dem Fall muss er genĂŒgend bezahlen und dann wird er fĂŒr eine bestimmte, kleiner werdende Personengruppe attraktiv sein, die bereit ist, fĂŒr dieses Unternehmen zu arbeiten, unabhĂ€ngig von allen Werten.
Nach außen hin die heile Welt zu spielen und innen völlig anders zu denken, das funktioniert nicht mehr. Das ist vielleicht vor 20-30 Jahren niemandem aufgefallen. Doch das geht nicht mehr. So ein Kartenhaus bricht zusammen, wenn es nicht authentisch auf real gelebten Werten aufbaut.

Was sind die „grĂ¶ĂŸten SĂŒnden“ beim Employer Branding?
Einfach nur einem gewohnten Ablauf einen neuen Namen zu geben. Egal, mit wem man redet, es machen alle Employer Branding. Wenn man genauer hinschaut, ist es aber sehr oft so, dass Unternehmen einfach ein altes Sackerl mit einem neuen Namen versehen.

Es wird also Personalpolitik mit Employer Branding verwechselt?
Ja, genau. Ich habe kĂŒrzlich mit der Personalverantwortlichen eines grĂ¶ĂŸeren Unternehmens gesprochen und sie hat gesagt „Ja, wir machen Employer Branding“, und bei genauerem Nachfragen, was sie konkret tun, kam dann als Antwort: „Wir stehen auf Messen.“ Das hat nichts mit Employer Branding zu tun.
Im Wesentlichen geht es ja um drei Stufen (egal ob Markenbildung fĂŒr Kunden oder Mitarbeiter): In Stufe 1 wird Marketing mit Werbung gleichgesetzt. Unternehmen, die sich auf dieser Stufe befinden, preisen ihre Produkte, Dienstleistungen und sich selbst als Unternehmen an und meinen, sie haben damit tolles Marketing gemacht. Das ist es natĂŒrlich nicht. Sehr viele Unternehmen haben das bereits verstanden und sind daher schon in Stufe 2. Die wenden neben Werbung auch viele andere Instrumente des Marketing an. Dann gibt es aber noch eine dritte Stufe, und das ist die Stufe der Markenentwicklung, das Branding. Das bedeutet, diese Instrumente nicht nur anzuwenden, sondern sie gezielt dafĂŒr einzusetzen, Begeisterung zu erzeugen, um ein unbewusstes GefĂŒhl anzusprechen.
Im Kundenbereich sind die meisten Unternehmen in Stufe 2, manche auch in Stufe 3. Doch im Mitarbeiterbereich sind die meisten Unternehmen noch in Stufe 1 oder 2. Vor allem KMUs reagieren oft nur situationsbedingt und bewerben eine offene Stelle, statt nachhaltige Strategien aufzubauen.

Gibt es so etwas wie ein Kochrezept? Was sind fĂŒr dich die wesentlichen Zutaten fĂŒr gutes Employer Branding?
Ja, zunĂ€chst einmal die Erkenntnis, dass Employer Branding auf Stufe 3 angesiedelt ist und die entsprechende Haltung, das Bewusstsein dafĂŒr. Zweitens geht es darum, im Unternehmen die Ebenen Unternehmensstrategie, Marketing und Human Resources im Rahmen eines Projektes zusammenzufĂŒhren. Drittens ist es wichtig, das aktuelle Problem genau zu ergrĂŒnden – beispielsweise eine hohe Fluktuation. Da gilt es zu ermitteln, wie bisher mit dem Problem umgegangen wurde, welche Instrumente bisher in diesem Zusammenhang mit welcher Absicht eingesetzt wurden, wo die Touchpoints sind. Als nĂ€chstes gilt es, die Mitarbeiter zu befragen und darauf aufbauend eine Stoßrichtung zu ermitteln. Nun geht es darum, die Arbeitgebermarke samt Markengeschichte und Markenwerten zu formulieren, die eben ein wenig anders ist als das Markenbild gegenĂŒber den Kunden. ErgĂ€nzt um eine Umsetzungsstrategie ergibt dieser Markenkern dann das, was ich ein Markendrehbuch nenne. Anhand dieses Drehbuchs geht es an die Umsetzung und Erfolgskontrolle.

Magst du ĂŒber die Touchpoints noch ein bisschen mehr erzĂ€hlen?
Gemeint sind BerĂŒhrungspunkte zwischen Mitarbeitern und dem Unternehmen. Das beginnt beim Jobinserat, aber auch die Kantine gilt als BerĂŒhrungspunkt mit bestehenden Mitarbeitern, und natĂŒrlich auch RĂ€ume oder ritualisierte Besprechungen oder Events wie MitarbeitergesprĂ€che oder Schulungen. Touchpoints sind nicht nur physische Dinge, sondern auch strategisch und kontinuierlich gesetzte Punkte. Dazu gehört auch das AustrittsgesprĂ€ch, wenn ein Mitarbeiter das Unternehmen verlĂ€sst, und das in vielen Unternehmen gar nicht stattfindet. Das finde ich ganz furchtbar. Immerhin setzt gutes Employer Branding auch darauf auf, die eigenen Mitarbeiter zu Botschaftern des Unternehmens zu machen. Das wiederum betrifft nicht nur die bestehenden Mitarbeiter, sondern auch die ehemaligen.

Spielen die rÀumlichen VerhÀltnisse in einem Unternehmen eine Rolle?
Die rĂ€umlichen Gegebenheiten spielen eine unglaublich große Rolle. Und das ist im Employer Branding gleich wie im Kunden-Branding. Viele Unternehmen glauben, es geht beim Employer Branding nur um Kommunikation. Ja, schon, aber Kommunikation ist viel mehr als nur das auf dem Blatt Papier. Der Raum, in dem wir gerade sitzen, die LichtverhĂ€ltnisse, das alles kommuniziert gerade mit mir und erzĂ€hlt mir eine Geschichte und ich muss darĂŒber nachdenken, ob mir diese Geschichte gefĂ€llt.
Wenn ich also beratend fĂŒr ein Unternehmen tĂ€tig bin, mische ich mich in wesentlich mehr Bereiche ein als nur in die Kommunikation. Wenn ich fĂŒr Kundenbranding tĂ€tig bin, mische ich mich in die Produktentwicklung ein. Und im Employer Branding spreche ich plötzlich darĂŒber, wie die BĂŒroaufteilung aussieht, wie die Zufahrtswege und die öffentliche Verkehrsanbindung aussehen, die NĂ€he zu Kindergarten und Spielplatz, die Restaurants und Lokale in der NĂ€he. Da spielt vieles eine Rolle, damit man als Arbeitgeber attraktiv wahrgenommen wird.

Also im besten Fall, wenn alles nach Drehbuch lÀuft, gibt es dann einen schönen Film mit Happy End?
Im besten Fall gibt es ein Happy End, danach fÀngt aber der Kreislauf in der Regel wieder von vorne an, was völlig normal ist, da ein strategischer Prozess ja nie aufhört und sich auch die Marktsituation laufend verÀndert.

Worin liegt die grĂ¶ĂŸte Falle von massivem Personalwachstum?
Die grĂ¶ĂŸte Gefahr bei Wachstum liegt immer daran, dass man glaubt, mit mehr vom Gleichen auch dorthin zu kommen, wo man hinmöchte. Das funktioniert jedoch ab einer bestimmten GrĂ¶ĂŸe nicht mehr. Ein inhabergefĂŒhrtes Kleinunternehmen mit 5-6 Mitarbeitern wird sich wenig Gedanken ĂŒber eine ausformulierte Markenstrategie im Mitarbeiterbereich machen mĂŒssen. SpĂ€testens ab 12 Personen entsteht jedoch eine Dynamik, eine Gruppenbildung innerhalb des Unternehmens. Es reicht fĂŒr mich als Inhaber und GeschĂ€ftsfĂŒhrer nicht mehr aus, einfach nur prĂ€sent zu sein und die Dinge so zu tun, wie ich sie eben tue. An diesem Punkt muss sich das Unternehmen an das Wachstum anpassen.

Anfangs hatten wir ĂŒber den Wertewandel gesprochen, der Employer Branding notwendig macht. Ich nehme an, du hast damit die Generation Y angesprochen?
Die Generation Y ist die logische Konsequenz einer lĂ€ngeren Entwicklung. Sie sind die Kinder von Elterngenerationen, bei denen die Arbeit im Vordergrund stand und Freizeit erst danach kam. Heute, wo Automatisierungen und Co anfangen uns lĂ€stige Arbeiten abzunehmen, sucht sich die Generation Y eine neue IdentitĂ€t – und findet diese in sozialen GefĂŒgen und einer Lebensweise, in der das individuelle und gemeinschaftliche Wohlbefinden im Vordergrund steht. Und das ist vielleicht auch so ein Fehler, den manche Unternehmen machen – die Generation Y negativ zu sehen. Die ist aber gar nicht furchtbar, sie hat in Wahrheit gesellschaftspolitisch großartige Wertvorstellungen, man muss damit nur umgehen können.

Wie geht man als Arbeitgeber mit der Generation Y auf der dritten Ebene um?
Also am wichtigsten ist – die Gehaltskarotte wegrĂ€umen, die funktioniert nicht. [lacht]
Es geht massiv darum, diese Menschen auf Augenhöhe gemĂ€ĂŸ deren Wertvorstellungen zu behandeln. Weniger Hierarchien, mehr Einbindung in Prozesse und Entscheidungen, wertschĂ€tzenderer Umgang. Wenn man das gut macht, kann man Großartiges erreichen. Ein weiser Manager hat einmal gesagt: „Mitarbeiter können ohne mich sehr gut leben, aber ich ohne meine Mitarbeiter nicht.“ Agieren nach dem Motto „Ich bin der Chef, du bringst Leistung, dafĂŒr gibt es Geld“ – funktioniert nicht. Es muss ein Wohlbefinden entstehen. Die Generation Y sagt ja nicht, dass sie nicht arbeiten möchte. Sie sagt nur, dass sie ihr Leben auch genießen können möchte. Und wenn man ein schlauer Unternehmer ist, sorgt man dafĂŒr, dass sie die Zeit im Unternehmen bestmöglich genießen. Dann arbeiten sie mit Begeisterung. Das heißt dann auch, dass man das Arbeitsumfeld ein wenig anders gestaltet. Es geht um soziale Kontakte, die man als Unternehmen auch gezielt initiiert. Es gibt einen Grund, warum das GroßraumbĂŒro wieder aufgetaucht ist. Wenn jeder in sein isoliertes BĂŒro, sein „Kammerl“ geht, dann ist das Arbeit, kein VergnĂŒgen. Aber wenn es Interaktionsmöglichkeiten auf sozialer Ebene gibt, dann kann tatsĂ€chlich auch ein GefĂŒhl erzeugt werden.

Ist Employer Branding nur etwas fĂŒr große Unternehmen?
Nein, keineswegs. Aber es lĂ€uft ein wenig anders. Ich bin sehr gerne im KMU-Bereich unterwegs, also Unternehmen mit bis zu 250 Mitarbeitern. Da kann man sowohl beim Kunden-Branding als auch beim Employer Branding ausgezeichnet unterstĂŒtzen.
Man muss bedenken, dass sich mit der GrĂ¶ĂŸe des Unternehmens viel verĂ€ndert. Bei kleineren Unternehmen hat man zwangslĂ€ufig viele Generalisten als Mitarbeiter, bei grĂ¶ĂŸeren sind es Spezialisten, die sich genau mit einer Sache ausgezeichnet auskennen, aber sich nicht mit anderen Dingen beschĂ€ftigen sollen. In KMUs dĂŒrfen und sollen sich Mitarbeiter mit mehreren Bereichen beschĂ€ftigen. Insofern haben es KMUs beim Employer Branding auch viel leichter – ihre Mitarbeiter können durch die Zugehörigkeit zu mehreren Bereichen auch insgesamt ein stĂ€rkeres ZugehörigkeitsgefĂŒhl entwickeln, sich besser mit dem Unternehmen identifizieren, das Unternehmen besser „spĂŒren“ und besser verstehen, wie es dem Unternehmen geht. In großen Unternehmen „spĂŒren“ Mitarbeiter das Unternehmen nicht mehr.
Meistens hat man in KMUs auch das Thema, dass es eine sehr starke FĂŒhrungspersönlichkeit gibt, die irgendwann nicht mehr genĂŒgt. Da gilt es Konzepte und Strategien zu entwickeln, damit es auch ohne diese FĂŒhrungspersönlichkeit funktioniert. Das, und auch die kleineren Budgets, sind bei kleineren Unternehmen Herausforderungen. Auch das Thema Hierarchien ist stark von der UnternehmensgrĂ¶ĂŸe abhĂ€ngig. Und die Änderung von Prozessen ist fĂŒr KMUs ein grĂ¶ĂŸerer Schritt, wohingegen in Großunternehmen laufend ProzessĂ€nderungen an der Tagesordnung stehen.

Was sagt der Experte zum Employer Branding von Axtesys? Auf welcher Ebene sind wir? Was machen wir gut, was können wir besser machen?
Axtesys ist wirklich super unterwegs in dem, was es tut. Da gibt es unglaublich viele Dinge, die bei Axtesys passieren, wo sich andere Unternehmen ein StĂŒckchen abschneiden könnten. Wenn, dann mĂŒsste man wahrscheinlich schon auf sehr hohem Niveau mit Kritik ansetzen.

Viele gute GrĂŒnde, warum man sich vertrauensvoll an dich als Markenregisseur wenden sollte, wenn man das Thema Employer Branding im Unternehmen vorantreiben möchte – herzlichen Dank fĂŒr das spannende Interview!

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