Dipl. Ing. Dr. David Lerchbaum, Patentanwalt bei WIRNSBERGER & LERCHBAUM Patentanwälte OG, im Gespräch über seine Arbeit im Kontext der Digitalisierung patente
Herr Lerchbaum, was sind ihre täglichen Aufgaben und wie hilft ihnen die Möglichkeiten der Digitalisierung dabei?
Meine täglichen Aufgaben sind die Beratung im Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes, also einerseits im Gebiet mit der Erlangung von Patentmarken und Musterrechten und die Durchsetzung bzw. die Verteidigung von solchen Rechten. Dabei geht es darum, die Idee oder Erfindung, die jemand gemacht hat, in einer entsprechenden Art und Weise auf Papier zu bringen, dass damit ein maximaler Schutzbereich entsteht und eine Umgehung der Erfindung möglichst schwer wird. Bei den Marken geht es darum, die Zeichen, mit denen jemand am Markt ist, möglichst umfassend zu schützen, sodass Markenverletzungen möglichst schwierig werden oder es für einen Dritten recht schwer wird, sich am Erfolg einer Marke anzuhängen. Beim Musterschutz geht es um den Schutz des Designs von Produkten.
Die Digitalisierung spielt mittlerweile dabei überall eine sehr große Rolle. patente
Wie sieht es mit dem Schutz von digitalen Produkten aus?
Rein digitale Produkte, also Software, ist schwer patentrechtlich abzusichern. Dabei gibt es nach wie vor den klassischen Ansatz, dass etwas in der realen Welt passieren muss, also eine Software, die zum Beispiel einen Antrieb steuert, ist in der Verbindung mit dem Antrieb schützbar, aber die Software allein ist nur über das Urheberrecht schützbar.
Das bedeutet, Patente schützen „technische Erfindungen“, wobei Software üblicherweise nur dann in Patenten enthalten ist, wenn diese mit Hardware kombiniert wird.
Ja, das kann patentrechtlich geschützt werden, allerdings braucht es einen technischen Effekt der Software. Zum Beispiel kann eine Software, welche das Energiemanagement in Notebook beeinflusst, patentrechtlich geschützt werden. Dabei wird aber auch nicht die Software selbst geschützt, sondern das Verfahren, welches mit der Software umgesetzt wird. patente
Transparenz und Offenheit sind wichtige Werte in der digitalen Welt. Der Open-Source-Gedanke und eine Community ermöglicht in vielen Fällen erst die wahre Entfaltung eines Produktes. Zum Beispiel wird ein Navi-App mit unzähligen Informationen (Verkehrsinformationen, Bahnfahrplänen usw.) angereichert, wodurch zusätzlich zum Navigationsservice weiterer Nutzen entsteht. patent
Sind zentrale Werte in der Digitalisierung ein Widerspruch zum Schutzgedanken durch das Patentrecht?
Sehr wahrscheinlich wird es in diesem Kontext auch Patente geben, denn die Daten werden von den Nutzern an den Service-Provider geliefert, aber wie die Verarbeitung der Daten erfolgt, ist für die Community nicht relevant. Es könnte hier ein Zusammenspiel von geschützten und nicht-geschützten Entwicklungen sein.
In welcher Weise ist die voranschreitende Digitalisierung eine Unterstützung bei ihrer Arbeit?
Wir werden dadurch viel effizienter. Das betrifft nicht nur unsere Kanzlei, sondern auch die gesamte Abwicklung mit den Ämtern. Wir arbeiten nicht nur mit dem österreichischen und europäischen Patentamt, sondern auch mit anderen nationalen Patentämtern. Noch vor wenigen Jahren wurde ausschließlich mit Papierakten gearbeitet und heute geht vieles es online. Die Möglichkeit einer Online-Akteneinsicht ist einer der wesentlichen Vorteile, welche die Digitalisierung gebracht hat.
In welcher Weise kann die Digitalisierung zu weiteren Verbesserungen beitragen?
Wie gesagt, wir arbeiten mit verschiedenen Ämtern zusammen und von denen sind einige sehr fortschrittlich unterwegs. Zum Beispiel können bei einigen Stellen bereits online Adressänderungen durchgeführt werden. Ich gehe davon aus, dass über kurz oder lang alle gleichziehen werden.
Bei allen digitalen Möglichkeiten gibt es auch zahlreiche Herausforderungen wie z.B. die Sicherheit, Datenschutz, usw.
Welche Herausforderungen sehen sie im Zusammenhang mit der Digitalisierung?
Ein Aspekt ist bestimmt der Zugang zu Informationen. Je mehr man diese Tür zu Daten öffnet, desto leichter kann sie auch missbraucht werden. Wenn jemand unberechtigter Weise einen Online-Zugang bekommt, sich authentifizieren kann und dort beispielsweise auf ein Schutzrecht verzichtet, dann ist es verloren. In Fall eines Missbrauchs wird es im Nachhinein nur sehr schwer nachweisbar sein, dass eine derartige Änderung nicht vom Patentinhaber durchgeführt worden ist. Die aktuelle Rechtsprechung besagt, dass ein einmal verlorenes Schutzrecht nicht wiedererlangt werden kann.
Wenn sie bedenken, welchen Aufwand bei einer Eintragung ins Grundbuch erforderlich ist, z.B. bei einem Wohnungskauf, da braucht es einen Notar und einen Rechtsanwalt. Wenn es online ginge, würden sie sich viel Geld ersparen, aber wenn sich jemand in ihren Account reinhackt und die Wohnung an irgendjemanden überträgt, hätten sie auch nicht die große Freude. Ich denke, dass das auch bei vielen Ämtern ein Hindernis ist. Viel sagen, dass der bisherige Prozess gut funktioniert hat und wenn es für alle so ineffizient gemacht wird, ist es für niemanden ein Wettbewerbsnachteil.
Der Zugriffsschutz ist sehr bedeutsam, gibt es aus ihrer Sicht noch weitere Herausforderungen im Zusammenhang mit der Digitalisierung?
Die Verbindlichkeit der richtigen Daten. Das Patentregister ist analog aufgebaut. Wenn die Daten nur noch elektronisch vorliegen, muss sichergestellt sein, dass die Daten nicht willkürlich geändert werden können und die Daten immer korrekt angezeigt werden. Eine Änderung der Daten wäre viel kritischer, weil es hier gravierende rechtliche Auswirkungen haben kann, die es in vielen anderen Bereichen der Online-Welt nicht gibt. Die Gefahr besteht darin, dass mit nur einem Mausklick Rechte generiert und vernichtet werden. patent
Vielen Dank für das angenehme Gespräch, wodurch wir einen Einblick in ihre Arbeit im Kontext der Digitalisierung erhalten haben. Abschließend möchte ich sie noch Fragen, welche 3 Eigenschaftswörter fallen ihnen im Zusammengang mit der digitalen Agentur ein?
Vielseitig. Bei meinem ersten Kontakt mit der digitalen Agentur ist mir aufgefallen, dass nicht alles in eine Richtung gehen muss, sie haben offensichtlich Leute für die verschiedensten Bereiche.
Sozial. Super finde ich, dass es eine Müllsammelaktion bei der digitalen Agentur gab.
Offensichtlich sehr tüchtig. Ein Unternehmen mit 50 Mitarbeiter oder mehr aufzuziehen ist bestimmt nicht ganz einfach.